Über die obligatorische Aufbewahrungsfrist von Daten bei der Nutzung des Internets herrscht seit 1996 Uneinigkeit. Was die eine Seite als Schutzmaßnahme für die Allgemeinheit sieht und immer wieder durchzusetzen versucht, lässt Datenschutzbeaftragte, viele Nutzer und auch die Dienstanbieter selbst auf die Barrikaden gehen.
Daten auf Vorrat für die Fahnder und Ermittler
Wo waren Sie zum Tatzeitpunkt? Mit wem haben Sie kommuniziert? Diese Fragen brauchen Ermittler nicht unbedingt direkt zu stellen, sondern sie beschaffen sich die Informationen mit einer Anfrage bei den Telekommunikationsanbietern und ein paar Klicks einfach selbst. So war es zumindest angedacht, als die Diskussion über die Speicherpflicht von Daten entbrannte. Befürworter argumentieren bis heute hauptsächlich damit, im Fall von Verbrechen sollte die Überführung der Täter sehr viel einfacher vonstatten gehen. Tatsächlich muss man dem BKA-Präsidenten Holger Münch zustimmen, dass die gespeicherten IPs in tausenden Kinderporno-Verdachtsfällen zum Erfolg führten.
Welche Daten sollen gespeichert werden?
Laut dem seit 2015 bestehenden Gesetzentwurf sollen Verbindungsdaten wie Telefonnummern, Anrufzeitpunkte und -Dauer, der beim Surfen benutzte Webbrowser, die gesamten Browserverläufe, Informationen über Adressen der besuchten Webseiten nebst Aufenthaltsdauer sowie Standort zum entsprechenden Zeitpunkt. Andere Kommunikationsdienste werden auch nicht verschont, somit gilt die Überwachung auch für Skype, Teamspeak, Discord, Whatsapp und ähnliche Anbieter für Chat und Videotelefonie. Die Aufbewahrungsfristen gelten für jeweils bis zu 10 Tagen und beinhalten ggf. auch Zahlungsinformationen, falls eine kostenpflichtige Leistung involviert ist. Achtung: Aus SMS und MMS werden sogar die konkreten Textinhalte gespeichert!
Darf das Bedürfnis nach Sicherheit zu einer pauschalen Überwachung führen?
Unser neuer Bundesdatenschutzbeauftragter, Ulrich Kelber (SPD), hat sich zu dieser Frage klar positioniert und dazu aufgerufen, die Vorratsdatenspeicherung komplett zu stoppen. Diese ist mit dem Recht auf Privatsphäre und mit dem Grundsrecht nicht vereinbar. Kriminalermittler sehen nach wie vor die erheblichen Vorteile und halten ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für unverzichtbar. Gerät eine Person in konkreten Verdacht einer Straftat, wird im Zweifel das Quick Freeze- Verfahren genutzt, das jedoch nur eine Momentaufnahme bietet, wenn jemand auf frischer Tat ertappt wird. Mit Vorratsdaten wären die wertvollen Informationen anschließend noch länger abrufbar. Noch in diesem Jahr soll das Bundesverfassungsgericht darüber befinden, ob das Sammeln von Nutzerdaten als Fahndungsinstrument zulässig ist.
Nun müssen Verfassungsrichter entscheiden
Während zwischen 1996 und 2005 die Idee einer massenhaften Speicherung von Nutzerdaten noch auf taube Ohren stieß und mehrheitlich abgelehnt wurde, stieg die Bereitschaft kurz darauf rasant an. 2015 sprach sich die Große Koalition im Sinne der Bekämpfung des Terrorismus für das Gesetz aus, bis 2017 das Oberverwaltungsgericht NRW dem Vorhaben einen Riegel vorschob – denn die Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Europarecht. Zuvor hatte sich Ende 2016 der Europäische Gerichtshof mit dem ewigen Konfliktthema beschäftigt. Das Verfassungsgericht in Karlsruhe brütet über 7 Verfassungsbeschwerden gegen die Überwachungsmaßnahme, über die sie noch im Jahre 2019 entscheiden wollen. Ein Termin ist noch nicht bekannt. Uns sollte die heftige Debatte zwischen Sicherheitsbehörden und Datenschützern auf jeden Fall daran erinnern, nach einem guten VPN-Anbieter zu schauen, um uns nicht ganz so beobachtet, ausgeliefert und vorverurteilt fühlen zu müssen.
Quelle: DerStandard.at; Foto: pixabay.com
Erstellt am: 14. März 2019