Die Ahnenforschung ist eine feine Sache. Wo Menschen ihre DNS testen lassen, finden sich verschollene Verwandte, da werden unerkannte Krankheiten diagnostiziert und sogar Kriminelle überführt. Aber es gibt auch Schattenseiten und die große Frage: Ist unsere DNA Privatsache?
Anonymität vs. Sicherheit der Gemeinschaft im Interessenkonflikt
Die wenigsten Menschen haben auch nur annähernd eine Ahnung von ihrer eigenen DNA. Während sie selbst zumeist gerade einmal sagen könnten, wie es um Chromosom X oder Y bestellt ist, wissen Datenbanken längst so gut wie alles. Das Pikante daran: Der DNA-Besitzer muss keineswegs selbst eine Genprobe abgegeben oder gar eingewilligt haben, um beispielsweise in den Fokus von Ermittlern zu geraten, die einen Mord aufklären wollen. Es genügt, dass ein Cousin oder sonstiger Verwandter irgendwann in der Vergangenheit die Möglichkeiten der modernen Medizin in Anspruch genommen hat.
Gut gefüllte Gendatenbanken
Genau das erlebte im April 2018 Joseph De Angelo, der als mutmaßlicher „Golden State Killer“ durch die Medien ging. Sein Cousin nutzte die öffentlich zugängliche Datenbank und lud dort seine Rohdaten hoch. Der Beschuldigte musste also keineswegs Bekanntschaft mit einem Wattestäbchen zwecks Speicheltest machen, um mit 72 Jahren geschnappt zu werden. Fakt ist, dass in Europa und den USA die Gendatenbanken derart gut gefüllt sind, dass Massenspeicheltests sich theoretisch bereits jetzt erübrigen.
Genetischer Datenschutz unzureichend
In die Kritik war o.g. Fall geraten, da sich die Polizei einer Datenbank bediente, die für private Zwecke gedacht war. Die Chance, so auch in das Visir strafrechtlicher Ermittlungen zu geraten, sei den Nutzern nur unzureichend bewusst. In Deutschland ist die Zuhilfenahme genetischer Datenbanken im Rahmen von Kriminalermittlungen noch eingeschränkt. Details sind im DNA-Identitätsfeststellungsgesetz, kurz ,DNA-IFG, geregelt. Auch besagt die Strafprozessordnung, inwiefern DNS zur Verbrechensaufklärung genutzt werden darf. Das BKA verfügt über die genetischen Fingerabdrücke von Menschen, die sich bereits strafbar oder einer Straftat verdächtig gemacht haben. Analysen müssen bisher richterlich angeordnet werden und beschränken sich in der Regel auf den Abgleich von Zellmaterial am Tatort mit den Merkmalen des Verdächtigen.
Datenschutzexperten & Politiker diskutieren
Es werden zunehmend Stimmen laut, die sich für die Ausweitung dieser Ermittlungsmethoden aussprechen. Inwiefern Irrtümer, rechtliche und ethische Probleme berücksichtigt werden sollen, wird im Bundestag und von zahlreichen Datenschutzexperten diskutiert. Wer keine Verbrechen begeht, hat auf den ersten Blick freilich nicht viel zu befürchten. Trotzdem sollte vielleicht jeder, der seine genetischen Spuren bei einem Genlabor freiwillig abgibt, genau darüber nachdenken.
Quelle: derstandard.at; Foto: pixabay.com
Erstellt am: 20. Februar 2019